Albert Hien

Brunnenskulptur (2000)

Installation auf dem Postplatz in Schwerte

Die Brunnenskulptur auf dem Postplatz in Schwerte besteht aus zwei großen Elementen, die jeweils aus drei kleineren Elementen zusammengesetzt sind. Das senkrecht stehende, 6 Meter hohe Element scheint mit der Spitze in der Pflasterung des Postplatzes zu stecken, die liegenden, unterschiedlich langen Kegelstümpfe verbinden sich an den Grundflächen zu einem Doppelkegel.

Eine Verbindung zwischen den beiden großen Skulpturenelementen wird durch ein Rohr hergestellt, das neben dem senkrechten Kegel aufragt und mit der Öffnung auf den liegenden Doppelkegel weist. Ursprünglich schoss aus diesem Rohr ein Wasserstrahl in die liegenden geometrischen Köper und schien darin eine Trommel in Bewegung zu setzten; aus dem Ende des liegenden Kegels trat das Wasser wieder aus und verschwand im Gully. Durch die Bewegung der Trommel entstanden Lichteffekte, weil die gelöcherten Kegelwände der äußeren Form und der inneren Trommel einen Moiré-Effekt hervorriefen. Zudem war ein Klimper- und Klappergeräusch zu hören, weil Metallplättchen im Innern der Trommel (Euro-Rohlinge) beständig gegen die Seitenwand und gegeneinander schlugen.

Foto: Kulturstiftung der Stadtsparkasse Schwerte

Die für Albert Hien typische Ironie kommt hier bereits zum Ausdruck. Die senkrechte Form des Brunnens erscheint wie ein Auffangtrichter für Wasser; das liegende Element spielt durch seine Form auf eine Wasserboje an. Beide Elemente sind aber aus gelochten Stahlmänteln gefertigt, sodass Wasser direkt aus den Formen wieder herauslaufen würde. Zudem war der relativ dünne Strahl, der von dem stehenden in das liegende Element schoss, unmöglich in der Lage, die nur mit viel Energie mögliche Bewegung der Stahltrommel zu bewirken. Bewegung und Geräusch waren reiner Selbstzweck. Die Skulptur veranschaulichte somit auch ein gesellschaftliches Funktionieren um des Funktionierens willen und verwies zugleich auf die Industrie in Schwerter, wo 40% der Erstausgabe der damals neuen Euromünzen hergestellt wurden. Nicht zuletzt deswegen hieß die Skulptur im Volksmund schon bald „Geldwaschmaschine“.

Hier kommt auch der Aufstellungsort mit ins Spiel: Die Skulptur steht direkt gegenüber der Sparkasse; um den Postplatz verteilt gibt es einige weitere Bankfilialen. Die hier nochmals zu erkennende Ironie wird durch die Geschichte der Brunnenskulptur noch gesteigert: An zentraler Stelle in Schwerte steht ein Kunstwerk, dessen ursprüngliche Aussage wegen seiner defekten Technik nicht mehr erschlossen werden kann. So verzichtet der Künstler auch darauf, diese Arbeit im öffentlichen Raum auf seiner Homepage überhaupt zu erwähnen. www.alberthien.com

Künstlerischen Intentionen (allgemein)

Albert Hien realisiert seine künstlerischen Ideen mit sehr verschiedenen Materialien. Nach dem Einsatz von Alltagsgegenständen (Stuhl, Gießkanne) folgt eine Periode, in der Blech sein bevorzugtes Arbeitsmaterial ist; in dieser Zeit beschäftigt er sich zudem vorwiegend mit den vier Elementen. Hierher gehört auch die Brunnenskulptur auf dem Postplatz in Schwerte. Schon in Skulpturen aus der Frühzeit seines Schaffens kommen Leuchtstoffröhren zum Einsatz; derzeit bilden sie einen deutlichen Schwerpunkt im Werk von Albert Hien. In der gegenwärtigen Kunstszene gibt es nicht viele Künstlerinnen und Künstler, die mit einer so subtilen Ironie arbeiten. Dabei erwecken die Skulpturen von Albert Hien zumeist den Eindruck, hier müsse man auf eine gewichtige Aussage gefasst sein. Das kann man auch nicht in Abrede stellen; allerdings ist diese Aussage zumeist auf ganz anderem Gebiet zu finden, als die äußere Form zunächst vermuten lässt. Für die Skulpturen im öffentlichen Raum spielt allerdings auch der konkrete Aufstellungsort eine wichtige Rolle.

Lebensdaten

1956 in München geboren; er wohnt in München.
1976-81 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München; anschließend mit Hilfe eines DAAD-Stipendiums Aufenthalt in Italien
1982 Teilnahme an der Documenta 7 (Künstlerische Leitung: Rudi Fuchs)
1985 Teilnehmer an der Biennale von São Paulo
1986 / 87 Stipendiat des Freistaats Bayern in Los Angeles
1987 Teilnahme an der Documenta 8 (Künstlerische Leitung: Manfred Schneckenburger)
1988 / 89 Villa Massimo, Rom
1989 „Z OO“-Skulptur als Hinweis auf Toiletten am Markt in Essen-Rüttenscheid
2000 Brunnenskulptur auf dem Postplatz in Schwerte
2001 bis 2003 Professor für Bildhauerei in Braunschweig;
seit 2003 Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München